Vielleicht ist Ihnen in den Medien, im Arbeitsalltag oder in Gesprächen mit Bekannten, Kollegen oder Freunden schon der eine oder andere Hype unserer Zeit begegnet…. Die Welt befindet sich im Wandel – sie ist mittlerweile VUKA* -, die Unternehmen wollen bzw. sollen agil werden, die Arbeit organisiert sich digital und 4.0, die Führungskräfte sollten Coach statt Manager sein und die Teams sind bitteschön resilient, selbstorganisiert und empowered. Blicken Sie da noch durch? Haben Sie bei all der Komplexität in Ihrem Leben (das Privatleben nimmt sich da ja leider nicht aus) überhaupt Ressourcen, um sich mit all diesen Themen zu beschäftigen und können Sie erkennen, wie das für Sie vielleicht hilfreich sein kann? Wenn nicht, möchte ich Ihnen heute und in den nächsten Beiträgen diese Themen kurz und prägnant näherbringen und mit Ihnen gemeinsam schauen, was sich dahinter verbirgt und was für Sie drin sein kann.
Beginnen wir einmal mit dem Thema Agilität: Das Lexikon definiert agil als beweglich, regsam und wendig sein, sich schnell an neue Situationen anpassend. Das passt sehr gut zu den Zielen von 17 Softwareentwicklern, die sich im Jahr 2001 aufmachten, um eine neue und gemeinsame Grundlage für ihre Arbeitsweise zu schaffen, denn die üblichen Projektmanagementmethoden hatten in der Softwareentwicklung ausgedient. Sie suchten nach einem Ansatz, um zukünftig schneller und ergebnisorientierter auf die immer komplexer werdenden Anforderungen an eine Software reagieren zu können. Das Ziel war, wirklich brauchbare Produkte und zufriedene Kunden vorweisen zu können. Damit begann der agile Ansatz seinen Siegeszug und als das so genannte agile Manifest gingen ihre Ideen in die Managementpraxis des 21. Jahrhunderts ein.
Über die letzten fast 20 Jahre wurde er stetig weiterentwickelt und in die Unternehmen auch jenseits der Softwareentwicklung getragen. Mittlerweile sind komplexe Anforderungen nicht mehr nur in der Softwareentwicklung, sondern in der gesamten Arbeitswelt zu finden. Der agile Ansatz beinhaltet daher vielfältige Methoden und vor allem Denkansätze, um flexibel, schnell und ergebnisorientiert auf sich ständig verändernde Anforderungen unserer heutigen Zeit reagieren zu können. Richtig ins Unternehmen implementiert kann agiles Arbeiten und Führen daher durchaus eine Menge positiver Auswirkungen und Veränderungen bewirken und ist damit ein kaum mehr zu umgehender Trend in der Unternehmensorganisation. Agilität wird vom Management jedoch oft als Wundermittel zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen gesehen und das kann schief gehen. Denn genau diese Herausforderungen unserer Zeit, Dinge wie Digitalisierung, Globalisierung, Fachkräftemangel, steigender Arbeitsaufwand, immer komplexer und schneller werdende Arbeitsprozesse, Vermischung von Berufs- und Privatleben durch permanente Erreichbarkeit etc. verunsichern viele Arbeitnehmer und können durch Agilität allein nicht bewältigt werden. Im Gegenteil: für unser Gehirn bedeuten diese Herausforderungen Stress, und der kann dauerhaft zu Überforderung, sinkender Produktivität und Krankheiten führen. Agile Methoden in Arbeitsprozessen können da eher noch verschärfend wirken, vor allem dann, wenn sie unbedacht und voreilig in Unternehmen implementiert werden und die Mitarbeiter und besonders auch die Führungskräfte (Vorbilder!) dabei nicht „mitgenommen“ und geschult werden.
Es braucht Zeit, um eingefahrene und über Jahre geübte Verhaltens- und Denkweisen durch neue zu ersetzen und statt angepasst plötzlich flexibel und agil zu agieren. Unser Gehirn muss neue Nervenbahnen anlegen und sich auf die Vielzahl von neuen Handlungsoptionen einstellen, und dies muss, genau wie Muskeln beim Sport, trainiert werden (Stichwort Neuroplastizität des Gehirns). Doch wie trainiert man flexibles Denken und geistige Beweglichkeit? Hier kommt, vielleicht etwas überraschend, ein anderer Trend unserer Zeit ins Spiel: die Achtsamkeitspraxis. Achtsamkeit schenkt uns etwas, was in der heutigen Zeit oftmals untergeht – das Innehalten – und fördert damit die Fähigkeit, kurz auf der Autobahn der Gedanken anzuhalten und ankommende Reize zunächst einmal wahrzunehmen, einzuordnen und dann ganz bewusst zu entscheiden, altbekannte Wege weiterzufahren oder neue einzuschlagen.
Genau das macht Achtsamkeit zum positiven Gegenspieler der Agilität. Sie hilft uns, aus Automatismen auszusteigen und flexibel auf neues reagieren zu können, und bildet damit genau das ab, was ein agiles Mindset erfordert. Wer sich mit Achtsamkeit und Meditation beschäftigt und sie praktiziert, wird über eine Vielzahl positiver „Nebenwirkungen“ berichten können (dazu im nächsten Beitrag mehr). Bereits wenige Wochen Meditationspraxis können mehr Klarheit und Gelassenheit im Denken mit sich bringen und ganz neue Handlungsoptionen verfügbar machen. Darüber hinaus verhilft die Achtsamkeitspraxis dazu, Veränderungen willkommen zu heißen und sie positiv zu bewerten, statt sie angstvoll abzulehnen. Denn eines vermag die Achtsamkeit allemal: Sie verhilft uns Menschen dazu, eine insgesamt wohlwollende und unvoreingenommene Weltsicht zu entwickeln und die ist enorm wichtig, wenn man sich im agilen Kontext bewegt. Nach dem Motto: „Es ist wie es ist“ fällt es achtsamen Menschen daher leichter, auch in hochanspruchsvollen und stressigen Situationen ruhig, klar und gelassen zu bleiben, Veränderung nicht per se negativ zu bewerten und flexibel, also agil, zu reagieren und dabei sorgsam mit den eigenen Ressourcen umzugehen und gesund zu bleiben. Es lohnt sich also durchaus, auch und gerade im Businesskontext das Thema Achtsamkeit aus der oft fälschlich zugeordneten „Esoterik-Ecke“ hervorzuholen und sich neugierig darauf einzulassen, was sie an guten und hilfreichen „Auswirkungen“ für uns bereithält.
Was genau das sein kann und wie sie ganz unkompliziert mit Ihrer ganz individuellen Achtsamkeitspraxis starten können, erfahren Sie im nächsten Beitrag.
Mit herbstlichen Grüßen, Ihre Ann Hillert
*VUKA ist ein Akronym, welches eine Welt beschreibt, die durch Volatilität also Unbeständigkeit‘, Unsicherheit‘, Komplexität‘ und Ambiguität also ‚Mehrdeutigkeit‘ gekennzeichnet wird und die heutigen Herausforderungen der Arbeits- und Lebenswelt zusammenfassen soll.