Wer eine neue Stelle sucht, seinen Marktwert testen oder Geschäftskontakte knüpfen möchte, kommt an Karrierenetzwerken wie LinkedIn® nicht vorbei. Welchen Fehlern Sie aus dem Weg gehen sollten – und was Sie für eine erfolgreiche Suche tun sollten.

Eine Flut aus Beiträgen, Kontaktanfragen von Personen, die man noch nie gesehen hat, und nichtssagenden Nachrichten wie „Ich würde Sie gern zu meinem Netzwerk hinzufügen“ – auf Karrierenetzwerken wie LinkedIn® läuft es nicht anders als auf anderen Social-Media-Portalen auch. Gleichzeitig kann von der Plattform die Zukunft der eigenen Karriere abhängen. Umso wichtiger ist es, dass Nutzer wissen, wie sie die Seite richtig für sich nutzen können.

LinkedIn® zufolge hat im deutschsprachigen Raum jeder Vierte im Erwerbsalter ein Profil auf der Karriereplattform. Das sind rund 16 Millionen Mitglieder, weltweit sind es sogar 756 Millionen. Die wenigsten davon sind Karteileichen: 90 Prozent der deutschen Nutzer sind mindestens monatlich auf der Seite, fast jeder fünfte sogar täglich, wie eine Studie des Marktforschungsunternehmens Audience Project ergab.

Nur ein Profil anzulegen und abzuwarten – das ist wenig Erfolg versprechend. Stattdessen braucht es viel Zeit und qualifizierte Beiträge. Damit das Vorzeigeprofil gelingt, sollten Nutzer die folgenden Dinge beachten.

Ein Ziel setzen

Wer ein nützliches Netzwerk aufbauen will, muss sich erst einmal darüber klar werden, was und vor allem wen er mit seinem Profil erreichen will. „Danach sollten sich Inhalte und Kontaktanfragen richten“, rät Edmund Mastiaux, Geschäftsführer des ZFM – Zentrum für Management- und Personalberatung in Bonn.

Will ich einen neuen Job? Dann muss ich mich mit Führungskräften, Personalern und Headhuntern aus der Branche vernetzen. Suche ich fachlichen Input? Dann sollte ich vorrangig andere Experten anfragen. Das gilt unabhängig von der eigenen Position oder Branche: „Grundsätzlich ist der Aufbau eines Netzwerks immer sinnvoll“, sagt der Headhunter.
Vor allem Aufstiegswilligen und Freiberuflern empfiehlt er LinkedIn® aber besonders: Mit einem starken Netzwerk kommen vielversprechende Jobchancen, die vielleicht den entscheidenden
Karriere-Kick geben können.

Mit dem Profil überzeugen

„Der Account auf einer Karriereplattform ist die Visitenkarte unserer Zeit“, betont Headhunter Mastiaux. Ein aussagekräftiges und stets aktuelles Profil ist deshalb das A und O. Er rät dazu, ein seriöses Profilbild und zusätzlich ein Titelbild einzufügen. „Das soll wie bei einer Bewerbung sein: professionell, hell und freundlich.“ Private Fotos und vor allem Selfies sind dort unpassend – und wirken eher unfreiwillig komisch.

Auch beim Lebenslauf auf der Plattform gelten die gleichen Regeln wie bei der Bewerbung: Er sollte die wichtigsten Stationen umfassen und keine Lücken lassen. Die Fachschafts-Mitgliedschaft vor 30 Jahren muss eine 50-Jährige nicht mehr erwähnen, der Berufsanfänger schon – das gilt auch online.

„Ein guter Profil-Slogan ist Pflicht“, sagt der Headhunter Mastiaux. Dafür reichen ein bis zwei Sätze, die erklären, wofür man steht und was man zu bieten hat. Bei ihm ist das beispielsweise: „Spezialist für den öffentlichen Sektor, erfahrener Personalberater und Geschäftsführer bei ZFM, Beratung für Kommunen und kommunale Unternehmen“. Das wirkt wesentlich überzeugender als nur die Position und den Arbeitgeber zu nennen.

Für die Spalte „Kenntnisse und Fähigkeiten“ rät der Headhunter, sich auf fünf bis sieben Punkte zu beschränken. „Ein guter Mix aus Soft und Hard Skills ist hier angebracht“, weiß er. „Marketingkenntnisse“ sind gut, zusammen mit „Teamfähigkeit“ wirken sie aber noch besser.

Noch ein Tipp: Die Funktion nutzen, Kenntnisse und Fähigkeiten anderer zu bestätigen. Wer angibt, dass eine Kollegin etwas gut kann, erhöht die Chancen, dass diese anschließend auch die eigenen Kenntnisse bestätigt – und damit die Glaubwürdigkeit der eigenen Angabe.

Kontakte gezielt auswählen

Genau wie andere soziale Medien arbeiten auch Karrierenetzwerke mit Algorithmen. „Deshalb sollten Arbeitnehmer versuchen, Personen und Unternehmen zu folgen, die eine große Reichweite haben und einen beruflichen Bezug haben“, betont Ann Hillert, Gründerin der Karriereberatung Perspektivwechsel Potsdam.

Das erhöht die eigenen Chancen, im relevanten Netzwerk ausgespielt zu werden. Trotzdem sollten Nutzer darauf achten, nur wirklich passende Kontakte, etwa von Personen aus der eigenen Branche oder mit ähnlichen Schwerpunkten, anzunehmen. Dieser Meinung ist auch der Headhunter Mastiaux. Statt auf Masse zu setzen, empfiehlt er für ein belastbares Netzwerk, bestehende Kontakte aktiv zu pflegen. Sein Tipp: Eine individuelle Begrüßungsnachricht nach dem Motto „Ihrem LinkedIn-Profil habe ich entnommen, dass Sie auch Experte für das Recruiting von Fachkräften sind.
Ich würde mich freuen, wenn wir uns über weitere Entwicklungen austauschen könnten.“

Davon, es bei nichtssagenden Standardnachrichten wie „bitte fügen Sie mich zu Ihrem Netzwerk hinzu“ zu belassen, rät der Experte ab. Auch das ungefragte „Du“ in der Anrede wirkt unprofessionell. Erhalten Nutzer selbst solche Nachrichten, können sie die getrost ablehnen.

Im Zweifel klärt ein kurzer Blick auf das Profil, ob es sich um einen Fachexperten oder einen Selbstdarsteller handelt. Ist das voll mit nichtssagenden Postings, wird der Nutzer auch in Zukunft keine Bereicherung für das eigene Netzwerk sein.

Qualität statt Quantität

Um nach der ersten Kontaktaufnahme nicht in Vergessenheit zu geraten, muss man am Ball bleiben. Die Empfehlung der Karriereberaterin Hillert: etwa drei Posts pro Woche und bestenfalls tägliche Reaktionen auf die Beiträge anderer.

„Hier gilt es, dem eigenen Netzwerk einen Mehrwert zu bieten“, betont sie. Einen Artikel nur mit „toller Beitrag“ zu teilen oder ein Bild von einer Messe mit der Caption „super Veranstaltung“ zu posten hat wenig Aussagekraft für die Follower.

Besser: Konkret benennen, was am Beitrag gut ist oder warum man einen Kongress weiterempfiehlt. Dabei sollten Nutzer darauf achten, dass sie Themen adressieren, die im beruflichen Kontext hilfreich und spannend sind. „Privates ist dort fehl am Platz“, sagt die Expertin. Dafür gibt es schließlich andere Plattformen wie Facebook und Co.

Ruhe bewahren

Wer viel im Netz unterwegs ist, gerät schnell in hitzige Diskussionen – das ist auf Foren wie LinkedIn® nicht anders. Damit das nicht zulasten der eigenen Karriere geht, empfiehlt die Karriereberaterin Hillert immer zuerst eine Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen.

Positioniere ich mich mit meinem Beitrag als Experte? Oder schadet er eher meinem Ruf? Geht die Rechnung auf, kann man auch in kontroverse Diskussionen eintreten und mit dem eigenen Fachwissen glänzen, ansonsten sollte man das Diskutieren lieber den anderen überlassen.

Vorsicht ist auch geboten, wenn sich aus dem eigenen Beitrag ein Shitstorm entwickelt hat. Kommt die negative Kritik nur von Einzelnen, rät die Expertin dazu, Ruhe zu bewahren und nicht direkt auf die Kommentare zu reagieren.

„Wenn es angebracht ist, sollte man um Entschuldigung bitten“, sagt sie. Sollte sich der Shitstorm ausweiten, empfiehlt sie die Unterstützung durch Dritte. „Egal wie, Betroffene müssen sachlich bleiben und nicht auf der persönlichen Ebene das Feuer anheizen“, betont sie. Eine emotionale Reaktion ist in den meisten Fällen eher ein Brandbeschleuniger.

Ein zweites Standbein bei XING

Lange Zeit galt LinkedIn® als Portal für die internationale Karriere und XING als Anlaufstelle, um sich im deutschen Markt zu vernetzen. Das ist heute nicht mehr so: XING hat mit 19 Millionen Mitgliedern nur noch einen knappen Vorsprung zum amerikanischen Konkurrenten innerhalb der DACH-Region.

Jetzt unterscheiden sich die beiden Plattformen eher branchenbezogen: LinkedIn® führt bei IT-, Vertriebs- und Management-Stellenanzeigen, XING ist vor allem für Jobs in der Logistikbranche, der Verwaltung und im Bauwesen interessant. Das ergab der deutsche Stellenindex des Personaldienstleisters Adecco, der die veröffentlichten Stellenanzeigen auf beiden Plattformen im Jahr 2019 nach Branchen analysiert hat.

„Ein Profil auf beiden Plattformen lohnt sich aber nur, wenn die Zielgruppe auch in beiden Portalen vertreten ist, etwa bei Vertrieblern oder Unternehmen“, betont der Headhunter Mastiaux. „Ein gut gepflegtes Profil kostet viel Zeit, im Zweifel sollten Arbeitnehmer sich auf eine der beiden Plattformen konzentrieren“, rät er. Die Entscheidung ist für ihn klar: Er empfiehlt definitiv LinkedIn®.

Den Artikel im Original können Sie gern hier einsehen: https://www.welt.de/wirtschaft/karriere/plus233537214/LinkedIn-Xing-und-Co-Diese-Fehler-sollten-Sie-vermeiden.html